Selbstschließender Schuh ‒ Mobilität trotz körperlicher Einschränkungen

Mit der Entwicklung eines selbstschnürenden Schuhs befasste sich das PFI im Rahmen des AiF-Projektes „Selbstschließender Schuh ‒ Mobilität trotz körperlicher Einschränkungen“. Ziel war, einen innovativen Mechanismus zum automatischen Schließen und Öffnen von Schuhen zu konzipieren und zu bauen. Die Umsetzung gelang dank elektronischer Schaltungen auf Mikrocontroller-Basis, miniaturisierter Platinen für Mess- und Steuerungs-Aufgaben und der Integration von Sensoren im Schuh sowie mithilfe moderner Rapid-Prototyping-Verfahren. Das Projekt ist in den Themenfeldern „Wearable electronics“ und „Mobilität im Alter“ angesiedelt.

Den Anstoß zu diesem Forschungsprojekt gab die demographische Entwicklung Deutschlands: Die Menschen werden immer älter und möchten aktiv bleiben. Die Zahl der Menschen im nicht erwerbsfähigen Alter steigt; gleichzeitig sinkt die Zahl der Menschen im erwerbsfähigen Alter. Dieser Wandel stellt Wissenschaft, Wirtschaft und Politik vor neue Herausforderungen. Es gilt Lösungen zu finden, welche die soziale Teilhabe und Mobilität älterer Menschen sicherstellen beziehungsweise ihre Lebensqualität und Selbstständigkeit verbessern. Im fortgeschrittenen Alter treten häufig Einschränkungen der Beweglichkeit auf. Technische Hilfsmittel könnten hier Lösungen bieten. Der selbstschließende Schuh könnte dazu beitragen, die Selbstständigkeit der betroffenen Personen sicherzustellen, weil das manuelle Schnüren des Schuhs entfällt und somit der Schuh ohne fremde Hilfe an- und ausgezogen werden kann. 

Hauptaufgabe war, einen Schuh zu entwickeln, der sich automatisch schließt, also ohne Manipulation durch den Anwender. Ein Näherungssensor initialisiert den Schließvorgang, sobald sich der Fuß im Schuh befindet. Optional kann der Schuh aber auch per App (mittels Smartphone oder Smartwatch) gesteuert bzw. parametriert werden. Die App visualisiert zusätzlich auch Sensorsignale wie Feuchte, Druck oder Temperatur. Als Aktor zum Auf- und Abwickeln des Schließdrahtes dient ein DC-Motor, der ein eigens für diese Aufgabe entwickeltes Getriebe antreibt. Neben der Aktorik zum Aufwickeln der Schnürung wird auch ein System benötigt, welches den Schuh öffnet und offen hält, sodass der Fuß leicht hinein- und herausschlüpfen kann. Hierfür kommen seitlich angebrachte Kohlefaserspangen zum Einsatz. Die Verwendung eines Drahtes für die Schnürung macht eine entsprechende Führung erforderlich, um die Energieverluste durch Reibung zu minimieren. Hierzu werden statt eines traditionellen Schnürsystems Miniaturumlenkrollen auf dem Schaft befestigt, die den Kraftfluss verbessern. Alternativ wären entsprechend optimierte Kunststoffteile mit geringen Reibkoeffizienten denkbar. Die Steuerung des Aktors sowie das Messen der Sensorsignale erfolgt mit einer für diesen Verwendungszweck optimierten Platine. Durch eine Anpassung der einbetteten Software kann das System auf individuelle Zielgruppen oder für spezielle Anwendungsfälle angepasst werden. Die Energieversorgung des Systems stellen moderne Lithium-Polymer-Akkus sicher. Sie werden mittels einer induktiven Ladespule auf einer stationären Ladematte aufgeladen, was zum Beispiel über Nacht geschehen kann. Es sind also keine Kabel oder komplexe Handlungen erforderlich, was die Nutzerfreundlichkeit erhöht. Durch das nächtliche Aufladen haben die Akkus immer ausreichend Energie, um den Schuh tagsüber mehrfach zu öffnen und zu schließen.

Das Ergebnis des Projekts ist ein Schuh, der sich ohne nennenswerte Manipulation durch den Anwender schließt und öffnet und daher für ältere und/oder bewegungseingeschränkte Menschen eine gute Lösung darstellt, weil sie damit zumindest beim Schuheanziehen nicht auf fremde Hilfe angewiesen sind. Natürlich kann der Schuh auch von Menschen verwendet werden, die sich zum Schuheschließen nicht gerne bücken – er ist eben praktisch. Und er kann den Komfort erhöhen: bei längeren Sitzphasen kann man die Schnürung so programmieren, dass sie sich lockert, um sich beim Aufstehen dann ebenfalls wieder automatisch zu straffen, so dass man sicheren Schrittes seiner Wege gehen kann. 

Das IGF-Vorhaben 17742N wurde über die AiF im Rahmen des Programms zur Förderung der industriellen Gemeinschaftsforschung und -entwicklung (IGF) vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages gefördert. 

 

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